Forschungsprojekt „Neuer Jüdischer Friedhof am Wiener Zentralfriedhof“
Aktuelle Recherchen zeigen, wie umfänglich Wiener Gartenarchitekt*innen an der Gestaltung des Areals mitwirkten
Am Institut für Landschaftsarchitektur wird seit Jahren zur Wiener Gartenarchitektin Helene Wolf, geborene Pollak (1899 Wien – 1975 Hayward) geforscht. Wolf stammte aus einer jüdischen Familie und gründete 1921 in Weidlingau die Staudengärtnerei Helenium, die sie von 1926 bis 1938 gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Gartentechniker Wilhelm Wolf (1896 Melle – 1954 Wien) führte. Durch ihre erzwungene Flucht nach Kalifornien im Juli 1939 ist der Nachlass verschollen, sodass ihre Tätigkeit nur in Bruchstücken rekonstruiert werden kann.
Neben zahlreichen Villen- und Siedlungsgärten in Wien und Niederösterreich entwarf Helenium 1926/1927 die Außenanlagen beim Neuen Jüdischen Friedhof. Dieses Projekt bildete den Ausgangspunkt weiterer Recherchen, im Zuge dessen ich im Central Archive of the History of the Jewish People (CAHJP) in Jerusalem ein umfangreiches Konvolut an Plänen und Schriftstücken aus den 1910er- bis 1930er-Jahren entdeckte. Darunter befindet sich ein Entwurf des renommierten Wiener Gartenarchitekten Titus Wotzy aus dem Jahr 1914, der ganz im Jugendstil gehalten ist, aber aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges nicht ausgeführt wurde. Die Analyse dieses bisher unerforschten Materials zeigt, dass neben Titus Wotzy und Helene Wolf zahlreiche Wiener Gartenarchitektinnen und -architekten sowie Gartenbaubetriebe an der Gestaltung dieses bedeutenden Kulturdenkmals mitwirkten, u.a. Paula von Mirtow, Yella Hertzka, Grete Salzer sowie Siegfried Kann mit der Baumschule Holsatia aus Tullnerbach.
In den letzten Jahren wurde der dringende Sanierungsbedarf der jüdischen Friedhöfe Österreichs erkannt und auch für den Neuen Jüdischen Friedhof am Wiener Zentralfriedhof ein Konzept zur Sanierung und Erneuerung des Baumbestandes beauftragt. Das vorliegende Projekt konnte dabei wichtige Informationen zur Entstehung der Anlage liefern. Die Forschungserkenntnisse sind in der Fachzeitschrift Historische Gärten 1/2021 nachzulesen.
Autorin: Ulrike Krippner